Email aus Südamerika

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Über den Rio de la Plata

Der Terminal war bevölkert mit argentinischen Familien. Ohne Hektik verlief die Abfertigung. Das Gebäude war sehr interresant gestaltet, viel Licht durch Glas. An der Frontseite floß über grauen Naturstein Wasser. Die Höhe von zirka drei Stockwerken wirkte beeindruckend. Beeindruckend war auch die Ausfahrt aus dem Hafen als die Silhouette der Stadt in der Morgensonne verschwand. An Bord unserer Fähre, kein Highspeedschiff, wurde viel geboten. Neben Unterhaltung, Duty-free und jede Menge an Restaurants und sonstigen Essensangeboten verging die Zeit schnell. Nach drei Stunden legten wir in Colonia del Sacramento an. Der Transfer in das Hotel El Mirador klappte auch. Im Bus waren noch andere Gäste, die zu unterschiedlichen Unterkünften gebracht wurden. So erhielten wir vorneweg schon eine kleine Stadtrundfahrt. Unser Hotel war das letzte, das der Bus anfuhr. Das nun folgende Angebot des Mittagsbuffets ließ keine Wünsche offen. Bitte wählen: Salate, Fleisch, Fisch, Wurst, Obst in jeder Form, warme Gerichte nach Wahl, Suppen warm oder kalt, Desserts, Dulces, Golosinas (Süsses, Naschwerk), Caramel, Torten, Kuchen, Cremes… Die Tische bogen sich, nicht zuviel zu essen war unser Credo! Derart üppige Angebote waren dann zu allen anderen Mahlzeiten auch vorhanden.

Colonia mit seinem alten Ortskern gehört zum Weltkulturerbe, und das vollkommen zu recht. Straßenpflaster wie bei Asterix, kleine Häuser mit blühender Bougainvillea, uralte Autos, die wie zur Dekoration an den Straßen standen, mit Spinnweben hinter den Windschutzscheiben oder statt dieser. Platanen bildeten ein schattenspendendes Dach, höher gewachsen als die Häuser hoch waren, säumten sie die Gassen. Vor den Eingängen wurde gemütlich Mate-Tee getrunken, oder auch nur miteinander geredet, gestenreich, wie es hier so üblich war. Am Ufer des Rio de la Plata saßen wir eine Weile und sahen über das Wasser. Die Strapazen der Reise fielen von mir ab und auch in der Nacht konnte ich wunderbar schlafen. Ich war auf Erholung gepolt. Für den nächsten Tag, einen Sonntag, hatten wir uns Montevideo vorgenommen.

Sonntagsvergnügen in Montevideo

Die im Colonia-Package inkludierte Stadtführung ließen wir sausen. Am 21.11. starteten wir um 9h15 mit dem Bus in Colonia, um 19h15 wollten wir zurückfahren wobei mit ungefähr jeweils drei Stunden Fahrzeit zu rechnen war. Die Busfahrt war angenehm, die Landschaft zog vorbei und die Ortschaften wirkten verschlafen. Eine Polizeikontrolle im Bus verursachte einige Aufregung. Ein junger Passagier hatte sich gemeldet, ihm sei sein iPod gestohlen worden. Verschwunden im Bus??? Wir verstanden nur teilweise worum es ging. Der “Bestohlene” sah nicht sehr vertrauenswürdig aus. Die Polizei protokollierte den Sachverhalt, eine Durchsuchung des Busses wurde nicht durchgeführt, warum auch immer…In Montevideo stiegen wir am neuen Busbahnhof, integriert in einem Einkaufszentrum, aus. Im Tourismusbüro organisierten wir uns einen Stadtplan. Angebote für Stadtrundfahrten lehnten wir ab, was ungläubig zur Kenntnis genommen wurde, besonders unser Hinweis, zu Fuß gehen zu wollen, stieß auf Unverständnis. Unsere Wegstrecke belief sich am späten Nachmittag auf 14 Kilometer laut Albrecht…. Wir gingen in Richtung historisches Zentrum, als wir ungeplant und für mich auch unbekannt, auf einen der bekanntesten Flohmärkte der Welt gelangten, den Feria de Tristan Narvaja.

Immer sonntags von 9am bis 3pm wird dieser Markt abgehalten und lockt viele Menschen an. So auch bei unserem Besuch. Erstaunen ergriff mich, Stehen, schauen, – Tasche sichern, nicht stolpern über Käfige mit Welpen, Katzen, – der Tierschutz hätte alles eingesammelt, Leguane, Fische, Hundefutter lose, Obst, Blumen… Albrecht wartete geduldig bis sich mein Auge satt gesehen hatte und wir weiterkonnten. Viel Müll lag auf den Straßen und der Wind verfrachtete diesen auch noch zusätzlich. Ein internationales Plastiktütentreffen, so witzelte Albrecht, würde hier außer Konkurrenz stattfinden. Viele der ehemals herrschaftlichen Bauten wiesen einen maroden Charme auf, andere wurden renoviert und als Prachtbauten herausgeputzt. Der Maler Hundertwasser könnte sich hier einiges abgeschaut haben, blau gekachelte Rundsäulen und goldene Friese. Wir gelangten auf die Plaza Independencia. Die Denkmal des größten Nationalhelden Uruguays steht über dem unterirdischen Mausoleo Artigas. Artigas wird auch als Volksheld verehrt. Weiter führte unser Weg durch die Altstadt. Es wurde ruhiger, Sonntagnachmittag, – wir holten bei einem Straßenhändler Getränke und spürten die Hitze. Bei einem anderen Händler fiel mir ein altes Nummernschild auf. Montevideo 877207 .  Es wurde mein’s!, wer kennt den früheren Eigentümer? Vom Hafen wehte schon eine leichte kühle Prise herauf und nach kurzer Zeit gab die Gasse schon den Blick frei auf das Wasser des Rio de la Plata. Wir gelangten auf die 20 km lange Küstenstraße Rambla mit vielen unterteilten Abschnitten. Auf dem breiten Bürgersteig wurde gejoggt, radgefahren, flaniert, sich gebräunt, mit oder ohne Klappstuhl, der Sonntag zelebriert. Von der Kaimauer führten Stufen oder Metallleitern hinunter ans Wasser. Auch wir legten eine Pause ein und setzten uns auf einen Felsen in Wassernähe um dem Treiben zuzusehen. Erst mal Pause…

Am Ufer des Rio de la Plata standen Männer, jung und alt, hielten ihre Angeln ins Wasser und jeder Fang wurde bejubelt.


Wir befanden uns nun auf dem Abschnitt der Rambla Republica Argentina als ich auf unserm Stadtplan Interressantes entdeckte. Ich trottete der Hitze wegen schon langsamer. Mein Ziel war ein Friedhof, auf den wir bald daruf zusteuerten. Der Weg führte leicht ansteigend durch eine Gasse zum Haupteingang hoch. Eine imposante Welt tat sich auf. Reichtum wurde zur Schau gestellt, Grabstätten überladen mit Nippes und Skulpturen. Die artenreiche Bepflanzung, die alten Bäume und der Blick zum Fluß ließen mich staunen. Von an die sechs Meter hohen Mauern umgrenzt und unterteilt, an manchen Stellen so dick wie zwei Gräber lang sind, fühlte ich Ruhe, Stillstand der Zeit, Kontemplation. Hier war kein Ort von Mühsal. Sanft spürten wir den Windhauch der heraufstreifte vom Fluß. Aus dieser Stille gingen wir hinaus in die Straßen der Stadt. Die alten Nebenstraßen wirkten dörflich. Auch hier spendeten alleenartige Baumreihen Schatten und überrragten die Häuserzeilen. Als wir am Busbahnhof eintrafen waren fünf Stunden vergangen. Die Wartezeit auf den Bus verbrachten wir vor einem Lokal, stillten unseren Hunger und vor allem unseren Durst.

Zurück in Colonia rückte unsere Abreise näher, und es war gut so. Auch in Buenos Aires hielten sich unsere Aktivitäten in Grenzen. Ein Ausflug nach Tigre und eine Erkundung des Hafenviertels mit der futuristischen Brücke standen noch auf dem Programm.

Am 28.11. 2010 hatte uns Europa wieder….

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