Frankfurts Osten

Frankfurts Osten


Als der Osten noch schmuddlig war und Kaninchen den Danziger Platz bevölkerten, konnte sich kaum jemand vorstellen welche Transformation der Osten durchmachen würde. An der Hanauer mit ihrem «Arbeiterstrich» frühmorgens, den Industriebrachen, der alten Großmarkthalle im Viertel, waren die Menschen mit sich selbst beschäftigt. Die Hanauer Landstraße, wie der Name schon sagt, führt weiter in Richtung Osten nach Hanau. Die Straßenbahnlinie 11 verbindet auch noch heute den äußersten Westen, Höchst, mit Fechenheim im äußersten Osten Frankfurts. Obdachlose suchten (suchen) sich hier einen Platz für Hab und Gut und um zu schlafen. Sie sahen abfällig auf jene, die als «aus der Schielestraße» bezeichnet wurden. Damit waren Drogenabhängige gemeint. Lange bevor «Edelausgehlokale» sich breit machten, dröhnte schon Musik aus dem Ostklub, einer Klitsche hinter den Bahngleisen stadtauswärts. In einfachen Kneipen und manch einem Kiosk, Wasserhäuschen genannt, gabs für die Arbeiter des Osthafens Mittagsverpflegung. Man kannte «sich».

Das dominierende Bauwerk im Ostend, die Großmarkthalle, war in die Jahre gekommen und entsprach nicht mehr den Anforderungen. 1928 vom Architekten Martin Elsaesser erbaut, wurde sie 2004 geschlossen und wartete auf ihren Weckruf. Dieser erfolgte durch die Europäische Zentralbank. Nach langwierigen Verhandlungen mit der Erbengemeinsschaft Elsaesser einigte man sich, und die österreichischen Architekten Coop Himmelb(l)au erhielten für ihren Entwurf den Zuschlag. In den Jahren 2010 bis 2014 wurde kräftig gebaut und auch entlang der «Hanauer» war der Aufbruch zu spüren. Wo früher kleine Gewerbe und andere Individualisten zugange waren machte reichlich Geld für Grundstücke das Begehren größer und größer. An der Honsellbrücke und darüber hinaus hatten ab nun die Bagger das Sagen.




Ein ehemaliger «Wächter» (oben) an der alten Honsellbrücke mit Henningerturm und MainTriangle, beides bereits auf der Sachsenhäuser Seite. Die Deutschherrenbrücke über den Main war für Bahnverkehr und Fußgänger mit und ohne Fahrrad freigegeben; (die Osthafenbrücke im Hintergrund – unten).

Nicht nur hippe Lokale siedelten sich an, auch Autohäuser im Luxussegment und Kreative machten links und rechts der Hanauer auf sich aufmerksam. Der King Kamehameha Club im Uniongebäude war ab 1999 sozusagen ein Aushängeschild. Musik aller Stilrichtungen lockten Partygänger an. Der Bau der Europäischen Zentralbank machte Fortschritte, der Henningerturm wurde abgetragen und das Radrennen um ihn erhielt einen anderen Namen. Der Schwedlersee versteckte sich weiterhin vor Übergriffen und auch die Kultkneipe «Zur Insel» hielt sich bedeckt. Die Schellackplattensammlung von Alexander Loulakis wartete auf Besucher.


Am Bauzaun der EZB betätigten sich Kreative in auch kritischer Auseinandersetzung mit dem Thema Geld.

«Sicherheits-streifen», links Abgrenzung zur Weseler Werft


Die Weseler Werft war schon aufgegeben worden. Am Main entlang mußte man sich durch Dickicht schlagen, um sie zu sehen…Heute ist sie restauriert und mit trendy Lokal am Main gelegen.


Die Osthafenbrücke vor ihrer Fertigstellung. Der Architekt, ein Fechenheimer, Ferdinand Heide

Weiter nach Osten über den Ratswegkreisel in Richtung Fechenheim fahren nun die beiden Straßenbahnen 11 und 12 gemeinsam ein kurzes Stück. Vorbei an Frankfurts nunmehrigem Internetknoten (früher Brache, dann Lagerbox), Fastfoodanbieter, Babyausstatter , Buddhistischem Zentrum, Boxertreff, Möbelhaus, und, und… vieles änderte sich über die Jahre links und rechts, manches versank in Bedeutungslosigkeit. Samson, weltweit agierender Anbieter von Steuer- und Regeltechnik, scheint eine der Ausnahmen zu sein. Bereits seit 1916 hat er hier im Osten Frankfurts seinen Standort. Bei der alten Neckermannniederlassung, (Architekt Egon Eiermann), trennen sich die beiden Straßenbahnen wieder. In ihrer Blütezeit, ein gern gesehener Arbeitgeber, dann Unterkunft für Asylbewerber und nun wird Frankfurts Internetpräsenz hier weiter ausgebaut. Die EZB, Banken und andere Dienstleister benötigen in immer größerem Ausmaß dieses Angebot. Auch ein anderer Bau, das UFOGebäude, wartete auf ein wirtschaftliches Wiedererwachen. Dem Cocoon Club war trotz interessanter Konzeption und Ausstattung die Puste ausgegangen. 2022 hat der Musikclub ZOOM hier eine Bleibe gefunden. Am Betriebsgelände der ehemaligen Anillinfarbenfabrik von 1870, später Cassella, dann Allessa vorbei, läßt die 11 an der Mainkur die Hanauer Landstraße hinter sich, um nach zwei weiteren Haltestellen, schon am Main gelegen, an der Endstation Schießhüttenstraße anzukommen.


Frühmorgens mit der Straßenbahn aus Fechenheim ins Ostend zu fahren, konfrontiert den Passagier manchmal mit menschlichen «Niederungen» Frankfurts, und manchmal auch mit Schnee. An der östlichen Endstation Schießhüttenstraße beginnt die Fahrt noch gemütlich den Main entlang bevor sie sich an der Mainkur auf die lange Fahrt durch die City in Richtung Westen, nach Höchst, aufmacht. Die Mainkur (Main cur) wurde erstmals 1768 erwähnt und diente damals als Zollstation. Die kleine Privatbrauerei «Bier Hannes» befindet sich gegenüber in Sichtweite.

Je nach Tageszeit wird die 11 von unterschiedlichen Publikumsgruppen benutzt, mitunter vollgepfercht und mit ausgefallener Klimaanlage. Bei den älteren Garnituren konnten Fenster noch gekippt und so die Passagiere mit Frischluft versorgt werden.

Fechenheim

Das ehemalige Fischerdorf strahlt auch heute noch diesen etwas dörflichen Charakter aus. Aber auch von Industrie geprägt, war es Arbeiterviertel und ist heute zunehmend stark gemischt in seiner Bewohnerstruktur. Junge Kreative haben sich in ehemaligen Industriebetrieben und Werkstätten eine Bleibe gesucht. Aber auch Multikulti drückt dem Viertel rund um die Straße Alt-Fechenheim, genannt «Langgass» ihren Stempel auf. Gemütlich muten die vielen liebevoll restaurierten Fachwerkhäuser an. So manche Verwunderung konnte ein Blick in die Auslage eines ehemaligen Blumenladens auf dem Linneplatz auslösen. Ein Pferd, alive! Werner Weischedels Pferde sind den Fechenheimern gut bekannt, weideten sie doch zeitweise im Mainbogen und standen nicht nur im Laden…….

Später war Jenny lange alleine unterwegs bis sie im März 2022 eingeschläfert werden mußte.

(Foto unten – nebenan ist Jennys Zuhause; dazu Youtube – Videos am Ende…zur Erinnerung an dieses außergewöhnliche Pferd

Fachwerk aus vergangener Zeit

Eingebettet in viel Grün, ob in Kleingärten oder in der Naturvielfalt des Mainbogens mit Leinpfad, läßt sich die hektische Betriebsamkeit der Stadt Frankfurt vergessen.

Lindenallee am letzten Abschnitt der Starkenburger Straße. Sie führt bis an den Main, wo es früher eine «Verbindung» nach Offenbach gab.

1819 entstand über den Main eine Schiffsbrücke (Pontonbrücke). Fechenheim gehörte zu Kurhessen und Offenbach lag in der Provinz Starkenburg im Großherzogtum Hessen. So war nur Maut zu bezahlen und der Stadt Frankfurt der Zugriff auf Zolleinnahmen verwehrt.

Immer wieder hat sich der Main bei Hochwasser bemerkbar gemacht. Der Mainbogen mit seinen Wiesen und Auwäldern hat Katastrophen verhindert. Nur so manche Gartenhütte stand unter Wasser. (Unten Fotos vom Hochwasser 1995)



Mit freundlicher Genehmigung des Autors Horst Wolters zeige ich aus «Fechenheim» folgende Beiträge ©Horst Wolters


Am Main in Bürgel/Offenbach


Eine Fechenheimer Straße und ihre Geschichte

Von den Autoren ©Bernhard Pfender und ©Jutta von Freyberg, Hrsg. – Berlin 2005, Concept Verlag

Daraus ein Beitrag


Frankfurt ist nicht nur ein €-Zeichen

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