Auf Wegen zu Verstummten

Auf Wegen zu Verstummten

Unweit der Grundschule lag der Russenfriedhof inmitten eines Fichtenwaldes. In den damals noch schneereichen Wintern führte uns der Klassenlehrer manches Mal an den freien Hang hinter dem kleinen Wäldchen. Auf Schlitten oder auch bei Schifahrten tobten wir uns aus, manchmal mit dem Höhepunkt einer Schneeballschlacht. Den Russenfriedhof empfand ich als seltsam und geheimnisvoll. Zurück führte der Weg durch das Schwabenlager, wieder ein unerklärter Begriff für eine Örtlichkeit, den ich erst viele Jahre später nach Recherchen einordnen konnte. Eine Schulfreundin, Ingeborg, wohnte im Schwabenlager. Ihre Eltern waren keine Schwaben. Ich dachte damals, nur Schwaben würden dort wohnen… – und im Russenfriedhof würden nur Russen, aus unerfindlichen Gründen, begraben sein.

Dazu Information zu Lager und Friedhof https://www.sn.at/wiki/Lager_Grödig

2022 führte mich mein Weg wieder an diesen Ort. Nur mehr einzelne Bäume standen und Häuser waren bis an die Friedhofsgrenze gebaut worden. Der Ortsteil hieß nicht mehr Schwabenlager sondern Neu-Anif.

Dieser Weg über den Friedhof ließ mich in Gedanken über die fehlende Sinnhaftigkeit von Kriegen, wie immer man sie auch nennen mag, wortlos zurück. Nie wieder Krieg, schien ein Wunschbild zu sein; und dieses “nie wieder” ist verstummt. Auf Reisen habe ich immer wieder Orte gefunden, Gräber mit Inschriften oder auch ohne. Das Grauen, die Grausamkeit von Kriegen, ist präsenter denn je. Nichts aus der Vergangeheit gelernt, verstummt die einstigen Zeugen und wieder und wieder den Mitmenschen in jeder nur, oder auch nicht, denkbarer Weise vernichtet.

Ukrainische Emigranten gedenken der Gefallenen.

…und im Lyczakowski (Lytschakiwski) Friedhof werden wieder Gefallene bestattet, – 2022, 2023 …

Der Friedhof Lytschakiwski im Herzen von Lwiw/Ukraine ist Mahnmal und Zeichen von Vergänglichkeit. Seine Größe und die Vielfalt an Grabstätten ist beeindruckend und auch historisch interessant.

Soldatengräber in Lwiw/Ukraine WW I -Feld Nr. 40; hier sind Teilnehmer des Januaraufstandes 1862-1863 begraben

Dieser Aufstand in Russisch-Polen dauerte nur 15 Monate und war gegen die Neuordnung der Grenzziehungen durch das damalige Zarenreich, Rußland, gerichtet.




Hier wurde Josefa Markowska bestattet – ihr Ehemann, ein polnischer Bildhauer, Julian Markowski gestaltete die Gruft.




Auf keinem Friedhof liegt das Gräberfeld erschossener Partisanen, sondern in einem der letzten Urwälder Europas,- im Bialowieza Nationalpark. Wisente kümmern sich nicht um den Grenzverlauf durch ihr Gebiet, ihre Heimat, zwischen Polen und Belarus.

Im polnischen Nationalpark Bialowieza sind erschossene Partisanen begraben; dazu ein Link im Anhang.


Von so manch verschleppten, inhaftierten Menschen fehlt jede Spur. Manchmal erinnern in Straßenpflaster eingefügte Tafeln von ihrer Existenz,

wie in Santiago de Chile; dazu ein Link im Anhang.



Die Toten der Roten Khmer in Kambodscha


Unweit der Straße nach Keetmanshoop/ Namibia liegt das einsame Grab des Reiters L. Lichte 1879-1906; dazu ein Link im Anhang.



Im Norden Europas lagen besonders hart umkämpfte Gebiete, am heftigsten betroffen war die Stadt Narvik / Norwegen. Der Sieg schien Hitlerdeutschland sicher, die Gefechte waren verlustreich und die errichteten Lager brachten vielen Inhaftierten den Tod . Im Beisfjord wird ihrer gedacht. 2023 verfeindet, doch damals kämpften sie, Russen, Ukrainer, Vöker aus Jugoslawien und Polen gegen die deutschen Invasoren – gemeinsam.


Die Erinnerungen an die Zeit des 2. Weltkrieges-WWII ist an vielen Plätzen in und um Narvik präsent. Das Kriegsmuseum beeindruckt die Besucher mit ausgesuchten Exponaten und allem was moderne, mediale Aufarbeitung möglich macht.





Auf Felsen begraben in



Montevideo – Blick auf den Rio de la Plata





Holländischer Friedhof in Malacca /Malaysia mit Gräbern und Gruften ehemaliger Mitglieder der Kolonialmächte.



Mit folgenden Worten und dieser unabänderlichen Tatsache enden alle Wege: denn…

“Mors certa, hora incerta”,

“der Tod ist gewiß, ungewiß die Stunde”.

© Lubo Kristeks Sarkophag in Burg Hardegg Österreich

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