Afrika hautnah-1994

Afrika hautnah-1994

Von Lilongwe nach Mbeya mit dem Nachtbus

Kwacha, Malawis Währung

Lilongwe, die Hautpstadt Malawis, erreichten wir mit KLM über Amsterdam. Der Rückflug sollte von Dar es Salaam 5 Wochen später erfolgen. Die Zeit dazwischen war grob geplant, ohne irgendwelche Buchungen oder Reservierungen. Geldmittel in Form von US$, Traveller Cheques und einer Mastercard, auf die wir vertrauten, waren in Bauchgurten verstaut. In Rucksäcken unser Hab und Gut. Frauen mußten damals bei Einreise nach Malawi noch lange Röcke oder Kleider tragen. Dieses Anstandsgesetz wurde im Jahr unserer Reise, 1994, von Präsident Bingu wa Mutharika aufgehoben. Es dauerte noch Jahre, bis es allgemein akzeptiert wurde und modern gekleidete Frauen von Übergriffen verschont blieben. Im “Kleiderfundus” meiner Töchter hatte ich einen schwarzen Rock mit drei Volants in Midi-Maxilänge entdeckt. Dieser Rock war mit mir auf diese Reise gegangen und vor der Landung hatte ich mich noch damit “gekleidet”. Nun gut. Im staatlichen Guesthouse, es lag im alten Teil der Stadt, schliefen wir auf gewöhnungsbedürftigen, feuchten Matratzen. Die von mir selbstgenähten Lakenschlafsäcke und Kissenbezüge, die wir mit den eigenen Handtüchern füllten, waren goldeswert. Zum Frühstück gingen an die 20 Minuten in ein gut geführtes Hotel. Die Nacht pro Person kostete gleich viel wie das Frühstück pro Person. Bei den anschließenden Rundgängen fanden wir kein weiteres Hotel in dieser Klasse. Lilongwe zählte damals 240000 Bewohner. Die Straßen waren überwiegend Sandpisten. Hin und wieder sah man Fahrzeuge der FAO, aber so gut wie keine Touristen. Wir besorgten uns die Fahrkarten für den internationalen Bus nach Tansania. Unser Ziel war Mbeya. An den beiden folgenden Tagen erkundeten wir die Stadt und machten so manch überrraschende Erfahrungen.

Auf dem Weg von Alt-Lilongwe in die Neustadt versuchte sich ein jugendlicher Gelegenheitsdieb an meiner Tasche. Es gelang ihm nicht, sie mir zu entreißen. Mein Zeigefinger, der im Ring des Taschengurtes saß, machte sich einfach krumm und schloß sich mit dem Daumen kurz. Albrecht war schon weitergegangen und wunderte sich, wo ich blieb. Als er zurücksah, sah er uns beide an der Tasche zerren. Der verhinderte Dieb gab auf und verschwand in den Büschen. In der Neustadt überraschte mich das gemütliche Cafe Claire , wo ich mir nach dem Schreck Petit Fours zum Kaffee schmecken ließ. Zurück auf dem lauten und staubigen Marktplatz in der Altstadt meldete sich mein knurrender Magen. In dem Lokal waren keine Gäste nur aus einem der hinteren Räume, wo ich die Küche vermutete, konnte man die Geräuschkulisse einer Fernsehübertragung hören. Es war die Zeit der Fußballweltmeisterschaft. Wir wählten aus der vorgelegten Speisekarte. Nun es gab einige Hürden von der Bestellung bis zum Verzehr zu überwinden. Vorrätig war nur Maisbrei und Huhn. Wir bestellten also Maisbrei und Huhn. Die nächste Hürde: Huhn ist im Kühlschrank. Wir warten, no problem. Die nächste Hürde: es ist aber nur eine Portion. Wir teilen uns die Portion, no problem. Nun zu den Getränken: bitte 2 Cola. Nächste Hürde: es gibt nur große Flaschen. Gut, wir nehmen auch eine große Flasche, auch ohne Gläser…. Nächste Hürde: große Flaschen sind vielleicht zuviel…??? Als der Wirt merkte, daß er uns nicht los wurde servierte er ganz fix 2 Portionen Maisbrei mit Huhn und eine große Flasche Cola. Wir waren nun alle zufrieden. Er konnte wieder zurück an den Fernseher und wir unseren Hunger stillen. Am Tag unserer Abreise wollten wir noch in einer sogenannten Bar etwas trinken. Die Bedienung verlangte vorab Geld, um unsere gewünschten Getränke erst einmal zu besorgen, was dann auch klappte. Am späten Nachmittag fanden wir uns am Busbahnhof ein. Es warteten schon andere Reisende auf dem staubigen Patz. Alles wirkte sehr überschaubar. Mir fiel ein junge Mann mit asiatischem Aussehen auf, der offensichtlich sehr hungrig war. Er ließ sich mehrere Milch-Joghurtprodukte schmecken und aß dazu Obst; das sollte nicht gut gehen. Der Bus kam, ein klappriges altes Ding, aber der Motor hörte sich zumindest gut an. Der junge Mann und wir waren die einzigen Weißen. Wir suchten, wie alle anderen Reisenden auch, einen Platz in diesem internationalen Bus, der bis Dar es Salaam durchhalten sollte und mußte. Der Bus, normale Breite, hatte auf jeder Seite drei Sitze, das heißt rechts drei, Gang, links drei. Er wurde nicht voll, was für ein Glück, so hatten wir einen Dreierplatz für uns. Unsere Pobacken mußten sich erst einmal daran gewöhnen. Das Rahmengestänge aus Rundrohren drückte, der Bezug war hart und zerschließen. Unser Gepäck, Rucksäcke, war erreichbar und so polsterte ich unsere drei Sitze für diese Nachtfahrt aus und auf. Als wir losfuhren spürte ich einen kalten Luftzug durch den Bus wehen. Erst dachte ich, irgendwann werden die Danebensitzenden das Fenster schon schließen, doch es stellte sich heraus, daß Scheiben fehlten. Die Nacht kam plötzlich und es war einfach nur kalt, kalt… Aus meinem Rucksack holte ich alles, was ich anziehen konnte, schmiegte mich an Albrecht, zog meine Kapuze über und meinen schwarzen Rock über die Knöchel. Wir fuhren nach Norden auf der Hochebene in Richtung Mzuzu. Lilongwe liegt schon auf 1095 m und Mzuzu bereits in einer Höhe von 1254m. Der Bus hielt an einer Tankstelle, wie es schien, in einem Ort. Während betankt wurde, entfernten sich die Männer in eine Richtung. Die Frauen suchten einen Platz unter Bäumen, der von dem Licht der Sterne diffus erhellt war. Intuitiv schloß ich mich den Frauen an. Es gab offensichtlich keine Toiletten an der Tankstelle. Ein gemeinsames Sit-in folgte und ich war dankbar für die Weite meines Rockes. Nächster Stopp war dann Mzuzu, wo es auch Toiletten gab. In einem Resthouse konnte man sich mit Essen und Getränken versorgen. Der junge Asiate stieg nicht aus.

Irgendwann schimmerte der Malawisee herauf, wir saßen rechts im Bus und hatten daher einen wunderbaren Blick auf das Wasser. Der Malawisee, früher Nyassasee, bedeckt fast 1/5 der Fläche Malawis. Der Staat liegt am südlichen Ende des afrikanischen Grabens. Es war schon nach Mitternacht. Auf der weiten Wasserfläche zauberte das Licht der Sterne silberne Muster. Das Wort unberührt würde der Stimmung gerecht werden. Der Bus stoppte abrupt. Der junge Asiate stürzte hinaus in die Dunkelheit. Sein Essen vor der Abfahrt war ihm zum Verhängnis geworden. Einighe Zeit warteten wir auf ihn. Ich konnte auf den See sehen, zwar etwas verdeckt durch Bäume und Sträucher, die nur als Silhouetten erkennbar waren. Die Grenzstation war noch nicht geöffnet, als wir bei Tageslicht ankamen. Die kleinen einfachen Holzhäuschen standen etwas windschief am Straßenrand. Zur Paßkontrolle stellten wir uns in Reihen an. Nach der Öffnung fertigte uns der Zöllner zügig ab und der Einreise stand nichts mehr im Wege. Kurz nach der Grenze, Abzweigung nach Kyela, stiegen schon einige aus. Am Straßenrand warteten Fahrradtaxis mit Kissen auf dem Gepäckträger. In Tukuyu blieb der Bus nochmals stehen, dann erreichten wir unser Ziel Mbeya, wo wir auf dem großen staubigen Busbahnhof ausstiegen.

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