Afrika hautnah-1994

Afrika hautnah-1994

Spurensuche in Matema

… noch wie damals wirkten die alten Bauten, die hier um 1891 entstanden waren. Die deutsche Diakonissin, ich vermute es war Schwester Verena Zietzke, berichtete über Pläne, die Arbeit und auch über das nicht einfache Leben. Sie lud uns zum Abendessen ein. Die Nacht verbrachten wir in einer der Hütten am Malawisee, die bereits für Besucher errichtet worden waren. Außer uns waren noch deutsche Ärzte, die in Mbeya tätig waren, die einzigen Gäste. Sie wollten einige Tage hier verbringen. Der feine Sandstrand wirkte einladend, aber ich wagte mich dann doch nicht ins Wasser, wegen Verdacht auf Bilharziose. Das mußte nicht sein. Kühe liefen am Strand entlang, als wir abends noch Pfarrer Sehmsdorf mit Frau im nahegelegenen Pfarrhaus besuchten. Es ergab sich ein interessantes Gespräch über Vergangenes und Gegenwart. Frau Sehmsdorf betreute Menschen aus dem Umfeld, die keinerlei Einkünfte hatten und von dem lebten, was die Natur bot. Diese einseitige Ernährung führte zu Mangelerkrankungen. Der Pfarrer entschuldigte sich, er müsse noch seine Predigt in Suaheli vorbereiten. Wir machten uns auf den Heimweg, ein kleines Stück am leeren Ufer des Sees entlang.

Seit unserer Reise 1994 ist viel investiert worden und seit 2009 gibt es Strom. In einer Gemeinschaftsaktion junger Leute samt Elektromeister E. Fischer, Pfarrer Stockmann aus Sömmerda und Erfurt und einer Gruppe aus Tansania mit Solarexperten Herrn A. Ngwembele wurde innerhalb von drei Wochen die elektrische Beleuchtungsanlage auf Solarbasis errrichtet. (Mitteldeutsche Kirchenzeitung vom 20.09.2009 Nr. 38 http://www.ekmd.de  Aus der ambulanten Krankenstation mit Notfallbetten war 2007 (Jahresbericht der Berlinder Mission) trotz vieler Hürden ein Krankenhaus geworden. Bereits 2006 war die Einrichtung auch für Aids-Patienten eine Anlaufstelle und konnte entsprechende Therapien anbieten.

Die Busverbindung, einmal täglich nach Kyela um 4 Uhr morgens, erschien uns zu früh. Die “paar” Kilometer nach Ipinda wollten wir nach dem Frühstück zu Fuß wagen. Wir stapften los, doch es war kein kurzes Stück Weg. Der weiche Boden und das Gehen in den Spurrillen ermüdete mich schon bald. Meine Schuhe schienen für diese Art von Weg nicht geeignet und der Riemen der Umhängetasche drückte. Nach einer halben Stunde erkannte ich, daß dieser Plan kein guter war. Albrecht fühlte sich noch topfit, so sagte er. Es war Sonntag.

Doch Hilfe nahte.Eine Staubwolke fegte an uns vorei und entpuppte sich als Auto. Es hielt an. Eine gut gekleidete Frau winkte uns heran und bot uns nonverbal an mitzukommen. Ipinda, ja, Ipinda. Sie war mit Fahrer unterwegs. Wir setzten uns in den hinteren Teil des Minibusses. Eine dort sitzende Frau musterte uns neugierig, so eingestaubt wie wir waren. “Church”, sagte unser Gegenüber und nickte. Der Fahrer hielt öfter an und versuchte keinen Staub aufzuwirbeln, wenn Passanten am Straßenrand standen. Unsere Wohltäterin wurde fast ehrfürchtig im Vorbeifahren mit Verbeugung gegrüßt, sie nickte elegant zurück. An der Brücke vor Ipinda wurden wir mit einem Lächeln entlassen. Keine Ahnung wer sie war! Wir dankten und machten uns auf den Weg über den Fluß. Als ich das dunkle Wasser sah, fiel mir die Geschichte ein, die Pfarrer Sehmsdorf erzählt hatte. Krokodile lebten hier und besonders an der Flußmündung war das Risiko von Alleingängen im Uferbereich nicht abzuschätzen. So eine Idee wäre mir auch nie eingefallen. Zügig ging ich über die Brücke… , könnte ja was passieren.

In Ipinda, dem sehr, sehr kleinen Dorf, saßen wir vor einem Kiosk auf Holzbänken. Irgendwie würde es weitergehen. Einer der Kunden kam näher, verwickelte Albrecht in ein Gespräch und erzählte er sei schon einmal in Baden-Baden gewesen. Mit seiner Hilfe erkannten wir unsere nächsten Transportmöglichkeiten. Der erste Pick-up war total überladen und die Achsen stand schräg. Albrecht wollte nicht mehr einsteigen. Wir warteten auf den nächsten Pick-up mit Miniworkingarea. Eine Mutter mit drei Kindern stieg mit uns ein. Diesmal saß ich hinten. Ich streckte die Arme in Richtung Mutter aus und sie setzte ihren ungefähr 4-jährigen Sohn auf meinen Schoß. Sie hatte ihr Baby im Wickeltuch nach vorne geholt, ein größeres Mädchen saß zwischen uns. Albrecht saß diesmal vorne neben dem Fahrer. Unmengen an Ladegut kamen noch hinten drauf. Und los ging’s. Der Motor kämpfte, aber wir kamen ohne Verzögerung nach Kyela und stiegen am Autosammelplatz aus. Der Junge auf meinem Schoß hatte sich die ganze Zeit nicht bewegt und schenkte mir zum Abschied ein zaghaftes Lächeln. Die Fahrt ging weiter mit einer Art Bus, welcher nur längs Sitzbänke hatte. Gepäck kam auf’s Dach! Wir saßen auf einer der beiden Bänke, die Fenster waren offen oder fehlten, ich weiß es nicht. In der Mitte waren die Stehplätze komplett belegt, ein Umfallen war nicht möglich. Vor Albrecht stand eine Mutter mit Baby am Rücken. Ein Rinnsal lief vom Kind auf der Haut der Mutter nach unten und machte den Stoff ihres bunten, gewickelten Kleides feucht. An unserm nächsten Halt in Tukuyu wollte ich fluchtartig aussteigen. Der Fahrkartenverkäufer schien ungehalten. Nein, er sollte uns die Differenz des Fahrpreises von Tukuyu nach Mbeya nicht wieder zurückgeben. Ich verneinte mit kräftigem Kopfschütteln und schob großen Hunger vor, der uns veranlaßte, die Busfahrt hier abzubrechen. Mit einem schwach besetzten größeren Bus kamen wir gegen Abend wieder in Mbeya an. Im Hotel wartete noch eine Stunde lang warmes Duschwasser auf uns, was wir auch gerne in Anspruch nahmen. Was für ein Tag! Im Hotelrestaurant ließen wir uns das Essen schmecken und versuchten das Bier. Die, hinter der mit Gitter gesicherten Bar, verstaubte “Liebfrauenmilch” war uns denn doch zu exotisch. Wir beredeten unsere nächste Reiseetappe. Albrecht wollte mir einen Nationalpark zeigen. Die Wahl war auf den Mikumi- NP gefallen. Die Fahrkarten für den Zug von Mbeya nach Ifakara hatten wir uns schon besorgt.

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